"Nehmen Sie Jesus!
Der ist billiger!"
Feiertage einer Frau

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Ein Baum kann nach Fäkalien riechen, ein Gaul abhauen, der Ehemann die Kettensäge im Wohnzimmer anwerfen und der Sohn im allerersten Suff die Oma anpöbeln… .
Da geht noch was.
Adventszeit, Weihnachtsfeiertage und Silvester/Neujahr
Kurzgeschichten aus dem Leben.
[…] Die Stimmung war fast immer gut, soweit ich das mitbekam, wenn ich von der Küche ins Esszimmer und Wohnzimmer pendelte. Bernd brachte bei seinen Spontanbesuchen selten etwas mit. Gut so, denn wenn er es tat, war es hochprozentig und hatte eine Geschichte, die unbedingt erzählt werden musste. Und Bernd konnte erzählen. Seine Fantasiebegabung machte vor nichts und niemandem halt. Der Wahrheitsgehalt spielte überhaupt keine Rolle, wenn seine floralen Auswüchse aus einer Flaschen Schnaps eine Besonderheit machten, die er aufgrund der langjährigen, persönlichen Bindung zu dem Schnapsbrenner aus dem Tessin, nur aus Freundschaft geschenkt bekam und es die einzige Flasche von ihm sei, die je das Tessin verlassen durfte, um außerhalb getrunken zu werden, was dann aber nur mit wahren Freunden geschehen dürfe, weil es sonst, gemäß einer alten Weissagung, Unglück brächte. Da waren mir seine kurzen Insiderinformationen noch lieber. So, wie beim Grillen als er behauptete die Kräuter auf dem Nackensteak eigenhändig in der Provence gezupft und getrocknet zu haben, während in der Küche die allseits bekannte, geöffnete Dose aus dem Supermarkt-Gewürzregal stand. […]
Liebe Leser von Buchtiteln
Das Facebook Inserat zum Büchlein „Nehmen sie Jesus! Der ist billiger!“
hat für Emotionen gesorgt, die, warum auch immer, in keinem Zusammenhang mit dem Buch stehen.
Es war nicht meine Absicht, mit dem Titel der ein Zitat aus einer reale stattgefundenen Gesprächssituation, hier ein einzelner Ausruf eines Antiquitätenhändlers war, zu polarisieren.
Natürlich ist der Ausruf unterschiedlich auslegbar. Es war aber keine Aufforderung zur Zurschaustellung weder von gehässiger Glaubenskritik noch moralistischer oder gar frömmelnder (etymoligisch: als nützlich erscheinen wollender) Aufschreie, die einen Sachverhalt ohne Bewertung des Kontextes feiern oder verurteilen. Ich habe diese Kommentare ausgeblendet, weil die Dummheit und Ignoranz mich peinlich berührt hatte.
Auch Mitmenschen, die anstatt von Hirn sich für den Reichsadler entschieden haben, mögen bitte woanders spielen.
Nachfolgend der Kontext, die Kurzgeschichte. der es erlauben sollte, die Ursächlichkeit des Titels direkt abzulesen, ohne nur mit dem eigenen Süppchen beschäftigt zu sein.
Nehmen sie Jesus! Der ist billiger!
Gerade in der Vorweihnachtszeit habe ich gern Antiquitätengeschäfte
aufgesucht. Trödelläden wäre ein treffenderer
Begriff, denn so nett und gepflegt die Objekte auch sein
mochten, so wenig war das meiste antik. Außerdem war ich
auch nicht auf der Suche nach einem Louis XVI Chaiselongue,
sondern schaute mich um, ob irgendetwas Dekoratives
das Weihnachtsfest für alle die kämen irgendwie bereichern
würde.
Ich habe die Läden nicht abgeklappert, aber wenn ich an
einem vorbeiging, war ich in der Vorweihnachtszeit eher
geneigt, hineinzugehen. Das mag auch der Effekt von kalten
Außentemperaturen sein, einer feierlich geschmückten Altstadt
und dem warmen Gesamteindruck bei Dämmerung,
den solche Geschäfte vermitteln. Im Hochsommer kriegen
mich dort keine zehn Pferde rein. Der Laden war nicht neu.
Es gab ihn schon einige Jahre. Er war auch nicht genau in der
Altstadt, sondern drei oder vier Häuserzeilen weiter entfernt;
eigentlich ein Katzensprung aber wenn man nicht nach etwas
suchte, und gezielt dorthin ging, kam ich zumindest nicht da
vorbei. Das Geschäft war groß und in der ehemaligen Tenne
eines Hofes untergebracht. Den Hof gab es schon lange nicht
mehr und im Haupthaus war eine Gastwirtschaft. Es sah
sehr gepflegt aus mit seinem Fachwerk und in Weiß verputzen
Wänden. Der Laden war nett, obwohl er mehr durch seine Größe beeindruckte.
Ich schlenderte durch die Gänge und war froh, keine Stauballergie zu haben.
Da stand sie inmitten des Sammelsuriums, etwas freigespielt,
als hätte sie sich Platz verschaffen. Dass sie nun selbst
leuchtete, wäre bei Weitem übertrieben, genauso, dass sie
irgendeine andere Form von Aura hätte aber die hölzerne,
kleine Madonna sah einfach so hübsch aus. Ich ging hin, hob
sie an und war verliebt. Sie war farbig bemalt aber nicht
farbenfroh, sondern dezent. Das Wichtigste ist für mich
immer der Gesichtsausdruck und die Arm- und Handhaltung.
So unscheinbar es in den geschnitzten Stofffalten auch
ist, große ästethisch-empfindsame Bedeutung kommt bei mir
auch dem Kind zu. Häufig wird es handwerklich vernachlässigt
und hat einen stumpfen, ja geradezu dummen
Gesichtsausdruck, der, bei den wenigen Handgriffen am kleinen
Objekt, bei mir dennoch große Wirkung erzielte. Ich
drehte das Objekt meines Interesses und es passte alles. – Bis
auf den Preis, der am Fuß der Statue als kleiner Aufkleber
mit abgerundeten Ecken klebte. Vierhundertfünfundsechzig
Euro waren zu viel für eine hingebungsvolle Stimmung. Ich
war schneller in der Realität, als es mir lieb war und stellte
die Madonna wieder an ihren Platz.
Der Geist von Weihnachten, das Fest der Liebe und der
Erinnerung an Christi Geburt brauchte keine zusätzliche
Ausschmückung. Es war der Wertekanon und der Glaube,
der dieWärme erzeugte.
Der Ladeninhaber war ein kleiner, gut bebauchter Mann
in den Sechzigern. Leider war ich alleine im Geschäft, sodass
er mir, aus einigen Metern Entfernung, seine gesamte Aufmerksamkeit
widmete.
Der Händler sah ein Geschäft aus seinen Fingern entrinnen
aber er muss sich wohl eingestanden haben, dass die
Madonna auf ihren Erwerber noch warten müsste.
„Nehmen sie Jesus! Der ist billiger!“, rief er mir hinterher.
Das war genau die Bemerkung, die dem Weihnachtsfest
selbst vor Augen führte, worum es geht – oder, wie hier,
worum es genau nicht geht. Ein einziger Satz und das Weihnachtsfest
wurde zum Grabbeltisch. Bezogen auf sein
Geschäft und seine Handelswaren mag er, ohne dass ich es
überprüft hätte, recht gehabt haben. Ich verließ das Geschäft
schweigend, nicht betroffen, sondern befreit. Billig war nur
ein Wort, mit dem selbst bei Übersetzungsinterpretationen
auch „leicht zugänglich“ hätte gemein sein können. Letzteres
traf ohnehin zu.